(Liebes)grüße aus Moskau

Russland

Reisezeit: Juni 2019

 

Am nächsten Tag wurden wir abgeholt und besuchten Kolomenskoje, der Ort mit der ehemaligen Zarenresidenz, die Peter der Große ab 1667 im Süden der Stadt erbauen ließ.

Der Zar Alexei I. hatte alle vorhergehenden hölzernen Strukturen in Kolomenskoje demolieren lassen und ersetzte sie mit einem neuen großen hölzernen Palast, der für seine phantasievollen, märchenartigen Dächer berühmt ist. Ausländer beschrieben das sehr große Labyrinth der vielen Flure und 250 Räume, die alle ohne einen einzigen Nagel, Haken oder eine Säge zu verwenden, errichtet wurden, als das „achte Weltwunder“. Die künftige Kaiserin Elisabeth Petrowna wurde in diesem Palast 1709 geboren. Nach dem Umzug des Hofes nach Sankt Petersburg verfiel der Palast zunehmend und auch Katharina die Große lehnte es ab, ihren Wohnsitz in Moskau zu nehmen. In ihrem Auftrag wurde der Palast 1768 abgerissen. Bis zum Jahr 2010 hat die Moskauer Regierung den Palast nach alten Plänen rekonstruieren lassen. 

Moskau
Kreml
Roter Platz
Arbat Straße
Mecure Hotel Arbat

Die gesamten Anlage ist ein kleines Freilichtmuseum, das man durch das Erlösertor betritt. In dem frei zugänglichen Park steht ein altes Holzhaus, das dem Zaren als Arbeits- und Beobachtungsstation diente, zwei Kirchen – wie könnte es anders sein – und der eigentliche Sommerpalast. Eine der Kirchen, die Chisti-Himmelfahrtskirche, ist UNESCO Weltkulturerbe. Da der ursprüngliche Palast von Katharina der Großen abgerissen wurde, hat man ihn 2010 wieder neu aufgebaut und dabei die alten Pläne und Zeichnungen als Basis genommen.

Herausgekommen ist ein Holzbau (innen mit Zement verstärkt), der von außen schön und stimmig ist. Innen machte es auf mich zwar auch Eindruck, aber ich fand ihn auch etwas kitschig. Die Innendeko ist pompös und überladen wie es der damalige russische Stil war. Durch den Neubau sind die Farben allerdings noch in voller Strahlkraft erhalten und sind daher sehr intensiv. Aber sehenswert ist das Gebäude allemal. Den Keller nimmt übrigens eine große alte Sauna ein, die wussten die Russen wohl genauso zu schätzen wie die Finnen.

Es ist im europäischen Stil angelegt, mit Gängen die gerade durch mehrere Räume führen. Bei geöffneten Türen eine ungewöhnliche Perspektive in Russland. Aber nicht nur damit konnte der frühere Schlossherr beeindrucken: er ließ sich auch zwei goldene Löwen bauen, die er rechts und links vom Thron aufstellen ließ. Durch geschickte Mechanik konnten die Löwen brüllen, das Maul öffnen und mit den Augen leuchten. Sie sollen damals den einen oder anderen Gesandten zum Zittern gebracht haben.

Am Nachmittag besuchten wir die Tretjakow Galerie – eine der größten Kunstsammlungen des Landes. Das sie nicht mehr die unumstritten größte ist, kommt daher, dass einige Kunstsammlungen nach St. Petersburg verlegt wurden. Ein Schritt den einige Moskauer noch immer nicht nachvollziehen können.

Ina führte uns gut zwei Stunden durch die Galerie und wusste einige Geschichten über die Porträts, Kunststile und geschichtlichen Hintergründe zu erzählen. Wie auch in der Literatur gab es auch in der Malerei eine Phase des russischen Realismus bei dem alltägliche Szenen realistisch abgebildet wurden. Sei es der Pöbel und die Geistlichkeit, die bei einer Feier zu tief ins Glas schauten, oder auch die Aufstände bei einer Machtübernahme im Reich.

Wir sahen nur einen kleinen Teil der Exponate, denn das Museum umfasst mehrere Gebäude. Gegründet wurde es aus der Privatsammlung vom Textilkaufmann Pawel Tretjakow, die der Stadt mit der Auflage vermacht wurde, dass die Kunst der Öffentlichkeit zugänglich bleibt.

Bei einer Stadtrundfahrt zeigte uns Ina quasi einen Rundumblick auf ihre Stadt. Und Moskau präsentierte sich uns facettenreich.

Das neu gebaute moderne Viertel mit seinen futuristischen Hochhäusern findet in dieser Weltstadt genauso Platz, wie viele Kirchen. Die Lomonossow-Universität steht für eine ganz andere Epoche – sie ist eine der „sieben Schwestern“ und zugleich eine der größten Unis der Welt. Die Sieben Schwestern – das sind Bauwerke im unverwechselbaren kommunistischen Stil, die Stalin erbauen ließ. Und es sind Prachtbauten der anderen Art, mächtig, pompös, überragend. Ein solches Gebäude findet man auch – als Geschenk von Stalin – in Riga, dort wird es liebevoll „Stalins Torte“ genannt. Den Stil nennt man auch „Zuckerbäckerstil “. Auch hier verweise ich auf die Fotos, da ich es schwierig finde diesen Baustil angemessen zu beschreiben. Die anderen sechs Häusern sind das Außenministerium, zwei Hotels, zwei Wohnhäuser, davon sind in einem 5000 unterschiedlich große Wohnungen, und ein Bürogebäude. Sie wurden alle von 1947-57 gebaut. Wir kamen auch am Weißen Haus vorbei. Berühmt wurde es durch einen Roman der dort spielt und das Leben in dem großen Bau thematisiert. Es waren früher luxuriöse Wohnungen darin, einige der ersten mit Fließwasser-Versorgung.

Von einem Aussichtspunkt auf den Sperlings- oder auch Lenin-Berge von Moskau – 200m hoch und früher Jagdgebiet der Zaren – hatten wir eine gute Aussicht auf weitere markante Punkte der Megastadt: dem ovalen Sportstadion, den rot-weißen Türme des Heizkraftwerks, Silhouetten der anderen Stalin-Bauten und auf eine Seilbahn welche die beiden Ufer der Moskwa verbindet.

Wir waren auch in der Christi-Erlöser-Kathedrale. Nachdem Stalin 1931 den Originalbau sprengen ließ, um Platz für den geplanten Sowjet-Palast zu schaffen, wurde sie 1990 weitgehend originalgetreu wieder aufgebaut. 

Gehört mit 103 m zu den weltweit höchsten orthodoxen Sakralbauten, dort waren mir die Farben und Verzierungen fast schon zu intensiv, unter anderem da sie auf 22.000 m² der Innenfläche aufgebracht sind. Das ist übrigens die Kathedrale in der 2012 die Band „Pussy Riot“ auftrat und danach verhaftet wurde.

Zum Abschluss des Tages besuchten wir noch den Prominentenfriedhof neben dem Neujungfrauenkloster. Das Kloster wird im Moment renoviert, aber der Friedhof ist zugänglich. Übrigens war das Kloster früher ein Kombination aus Kloster und Kaserne – hab ich auch noch nie gehört. Ina führte uns zielsicher zu einigen der interessanteren Gräber und erzählte uns die Geschichten hinter den Grabsteinen. Auf diesem Friedhof wird nicht jeder begraben, es braucht die Genehmigung des Staates, um dort seine letzte Ruhe finden zu können. Dafür wird die Anlage auch von der Stadt gepflegt. Unter anderem liegen hier der Autor Gogol, oder auch Juri Nikulin ein berühmter Clown der eigentlich mit seinem Hund beerdigt werden wollte. Dann noch einige Musiker und natürlich Politiker wie zum Beispiel Boris Jelzin, die Frau Michail Gorbatschows und Nikita Chruschtschows, dessen Grabstein seine guten und bösen Taten widerspiegeln soll. Er ist der einzige Staatschef, der nicht in den Kremlmauern beigesetzt ist.. Aber auch ein Frauenarzt, der sich gegen die Mütter- und Säuglingssterblichkeit einsetzte kam zu diesen Ehren.

Um uns nach all den Eindrücken zu stärken suchten wir das „DEPOT“ und fanden es nach einigen Hindernissen auch. Das ist eine alte Straßenbahn-Remise, die zur kulinarischen Markthalle umfunktioniert wurde. Die Umwidmung ist wirklich gelungen und das Depot steht den Markthallen von Europa um nichts nach. Ein lässiger Platz zum Schlendern und Entdecken, aber auch hier fiel mir kaum typisch russisches ins Auge. WO?

Unseren vorletzten Tag verbrachten wir mit einer Hop on – Hop off Tour. Viele Attraktionen hatten wir ja schon in den letzten Tagen gesehen, aber im Bus haben wir doch noch das eine oder andere Neue zu den Sehenswürdigkeiten gehört. Außerdem machten wir auch die orange Tour, die in den Norden der Stadt zum Fernsehturm Ostankino führt.

Als dieser 1967 eröffnet wurde, war er mit 540 Metern das höchste Gebäude der Welt (dann fing man in Asien an zu bauen 😉 ) und weltweit der erste aus Stahlbeton. Bis heute ist er eines der höchsten Gebäude Europas. Um aufs Gelände zu kommen benötigt man einen gültigen Reisepass und muss durch 2 (zwei !) Sicherheitsschleusen inklusive Bodyscan. Auf so manchem Flughafen, auf dem ich war, waren die Kontrollen nur ein Bruchteil davon….

Aber danach darf man mit dem Highspeed-Lift auf 337 Meter nach oben fahren. Es ist kein Panoramalift mit Fenster, aber eine Videokamera zeigt das Schachtinnere und damit auch die Geschwindigkeit. Oben angekommen hat man einen wirklichen Rundumblick über die Megastadt Moskau. Man ist so hoch, dass man schon wieder richtig nach Gebäuden wie den Sieben Schwestern suchen muss. Aber zum Glück ist die Plattform gut mit (Video)-Informationen ausgerüstet, wenn auch oft nur in russisch. Es gibt auch einen kleinen Teil auf der Plattform mit Glasboden, sodass man quasi über Moskau steht und hinunterblicken kann. Den Audioguide hätten wir trotzdem nicht unbedingt gebraucht. Im unteren Stock auf 328 Metern befindet sich ein sich drehendes Aussichtsrestaurant, in dem wir und mit einen Snack gestärkt haben.

Was ich auch empfehlen kann, ist eine Abendfahrt auf einem Restaurantschiff auf der Moskwa. Durch die andere Perspektive und die schöne Abendstimmung ergeben sich einige wunderbare Blicke auf die Stadt. Und das Essen, vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte war köstlich.

An unserem Abreisetag, der Flug ging erst am Nachmittag, tauchten wir noch in den jüngere Vergangenheit der Stadt ab und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir besichtigten den Bunker-42.

Er wurde zu Zeiten des Kalten Kriegs als Bunker für die Führungskräfte gebaut und hält einem Atomangriff stand, da er 65 Meter tief unter der Erde liegt. Den Bauarbeitern erzählt die damalige Führung einfach, dass sie einen neuen Metrostollen bauen. Anscheinend gibt es im Bunker aus diesem Grund auch ähnliche Dekorationen und Rolltreppen-Stufen. Während des Besuchs sieht man Schlafräume, einen Besprechungsraum, die Kommandozentrale und das ehemalige Offiziers-Restaurant. Alles ist noch mit Originalteilen aus dem Kalten Krieg bestückt, unter anderem einem Modell in Originalgröße der ersten Atombombe (kleiner als ich dachte). Im Kommandoraum gibt es eine Simulation eines Atomangriffs inklusive einem Video der Folgewirkungen. Düster und beeindruckend. Auch ein Angriff auf den Bunker wird simuliert und sorgt für eine Schrecksekunde. Am Ende waren wir im Restaurant, das wieder als solches geführt wird, in original Atmosphäre essen. Hatte irgendwie was. Eine coole Tour, die ich jedem, der sich für diesen Teil der Geschichte interessiert, empfehlen kann.

Wie schaut's aus mit Souvenirs?

Souvenirs in Moskau zu finden ist nicht so einfach: Es gibt überall die Matruschkas, teuren Bernstein und Kaviar und ganz viele „Erinnerungsstücke“ an den Kommunismus: Kanonen, Pistolen, Handgranaten im Kleinstformat, Feldflaschen & Co mit kommunistischem Stern,… aber kaum was anderes.
Aber bei den Matruschkas lassen sich ganz nette finden…

Quo vadis Tourismus?

Die touristische Infrastruktur entwickelt sich, aber zum Teil langsamer als die Besucherzahlen. So gibt es zum Beispiel im Kreml – einer der Hauptattraktionen – bislang nur eine Toilette.

Kulinarische Irrtümer

Boeuf Stroganoff ist eine russische Nationalspeise. Borrtsch und Blinis stammen jedoch aus der Ukraine.

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