Spitzbergen – Schifffahrt an der Westküste

Norwegen, Reisen, Roadtrip

Reisezeit: Juli 2017

Nach der Stadtführung in Longyearbyen sind wir für 3,5 Tage an Bord des Hurtigrutenschiffes Nordsterjnen gegangen und an der Westküste entlanggefahren. Unsere Kabine war (weil auch die günstigste gerade mal 4m² groß mit Stockbett und Waschbecken, glücklicherweise hatten wir unter dem Bett etwas Stauraum. Nach der ersten Überraschung kamen wir ganz gut damit zurecht, und gleich wie unsere Nachbarn lebten wir teilweise im Gang 🙂 Eigentlich ist man ja nur zum Schlafen in der Kabine. Die Aufenthaltsräume auf dem Schiff waren großzügig und sehr bequem.

Nach dem Check-in und der Sicherheitseinweisung stellten sich einmal die Guides vor: es waren glaube ich 8, die gemeinsam die Sprachen norwegisch, englisch, französisch und deutsch abdeckten. Unser Guide war Vera, eine Vorarlbergerin, unterstützt von der Polin Karolina. Sie waren ein gutes Team und wir haben viele Infos in den 3 Tagen bekommen. Fast alle Guides arbeiten im Winter als Snowmobil- oder Hundeschlittenführer.

Danach gab es Mittagessen (mittags immer in Buffetform und immer mit Meeresfrüchten und Lachs) und wir bekamen einen ersten Eindruck der köstlichen Verpflegung, die in den nächsten Tagen auf uns wartete.

Schon bald lernten wir die ersten der knapp 100 Gäste näher kennen und hatten viel Spass gemeinsam. Mit sechs Leuten aus der deutschen Sprachgruppe haben wir recht viel zu tun gehabt. 

Bodo
Finnsnes
Tromsö
Ersfjordbotn
Grötfjord
Tromvik
Rekvik
Sommaröy
Polaria Museum
Restaurant Africa Oase
Nordkjosbotn
Skibotn
Mack's Ölhallen
Big Horn Steak House Bodø
Hotel Rica
Thon Hotel Tromsö
Longyearbyen
Barentsburg
Ny-Alesund
Heddal

Stabkirche

Kongsberg

Silbermine

Telemark
Stavanger
Bergen
Flåm
Lom
Trondheim
Steinskjer
Namsos

Musik Museum

Torghatten
Saltstraumen
Å
Svolvær
Bleik
Andenes
Nordkap
Karasjok

Messerschmiede für traditionelle Samen-Messer

Barentsburg

Während des Mittagessens fuhr das Schiff Richtung Barentsburg, wo wir den ersten Landgang hatten. Barentsburg ist eine russische Siedlung mit ca. 400 Einwohnern auf Svalbard, in der ebenfalls Kohle abgebaut wird. Das Wetter beim Landgang war grau in grau, was den Charme der russischen Propaganda, die man oft sieht, nicht unbedingt hebt. Barentsburg wirkt wie ein Ort an dem man echt nicht leben will.

Die Mine ist 24/7 in Betrieb. Bevor die Männer die Arbeit beginnen, müssen sie einen Alkoholtest machen, ohne 0,0 Promille kein Einlass in die Mine. Danach wechseln sie in die Arbeitskleidung und fahren mal eine Stunde in den Berg hinein. Dort arbeiten sie 6 Stunden, danach geht es wieder eine Stunde hinaus aus dem Berg. Heutzutage sind auch viele Ukrainer in Barentsburg. Am Anfang des Kohleabbaus haben die Männer das zehnfache mehr als daheim verdient, heute ist es noch ca. das dreifache. Die abgebautet Kohle deckt den Eigenbedarf der Stadt, der Überschuss wird vorwiegend nach England exportiert.

Die meisten Männer leben mit ihrer Familie dort. Die Frauen arbeiten nicht in der Mine, sondern stellen Kunsthandwerk dar und arbeiten im Tourismus. Für die Kinder gibt es eine Schule von 6-18 Jahren.

Unser Guide von dort, leider habe ich ihren Namen vergessen, war allerdings aus Moskau und war für eine Saison in Barentsburg. Sie erzählte uns, dass eigentlich der ganz Ort von der Minengesellschaft verwaltet wird. Unter anderem bedeutet das, dass sie von ihrem Lohn einen kleinen Teil bar erhält, ein Teil wird auf eine Chipkarte aufgebucht – mit der innerhalb Barentsburg alles bezahlt wird – und der Großteil wird sofort auf ein Konto in der Heimat überwiesen. Letzteres allerdings nur in Rubel.

Mittlerweile sind die norwegisch-russischen Beziehungen ja neutral bis gut. In früheren Zeiten durften die Bewohner von Barentsburg nur in Begleitung eines KGB Agentens nach Longyearbyen fahren. Westliche Produkte und Zeitschriften gab es nicht.

Am Ende unseres Besuchs in Barentsburg wurde für uns noch eine russische Folkloreshow aufgeführt. Der Veranstaltungssaal war groß und sehr modern. Und als die Frauen – the Girls from the Arctic Show – ihr Programm begannen, war ich positiv überrascht. Sie konnten gut singen und haben uns mit ihren Darbietungen und Tänzen gut unterhalten. Im Gedächtnis geblieben ist mir der „Löffeltanz“: zwei größere Holzlöffel werden dabei im Takt aneinander, auf den eigenen Körper, oder den Körper der Nachbarinnen geschlagen, um Musik zu erzeugen. Funktioniert einwandfrei und ist ein Hingucker.

Zurück am Schiff erwartete uns ein tolles 3-gängiges Menü. Nach der Stärkung haben wir uns warm angezogen und uns raus aufs Deck begeben, wo wir noch lange saßen und ins Meer schauten und die einzigartige Landschaft auf uns wirken ließen.

Warm anziehen war übrigens am Schiff recht leicht, denn dort gibt es Thermoanzüge zum Ausleihen. Damit sieht man zwar aus wie ein Michelin-Männchen, aber sie sind wirklich warm. Damit konnte sogar ich stundenlang an Deck sein.

Magdalenenfjord und Sallyhamna, 80° nördliche Breite

Nach einer erholsamen Nacht – ich bin beim Schaukeln des Schiffs eingeschlafen, da am ersten Tag höherer Wellengang war – und einem tollen Fühstücksbuffet war die Gruppe gestärkt für den ersten vollen Tag am Schiff.

Der erste Landgang war im Magdalenen-Fjord, wo wir einen Spaziergang zu einem Liegeplatz von Walrössern machten. Ein paar Sachen waren zu beachten: 1) immer in der Gruppe bleiben, 2) der erste und letzte ist immer ein Guide, denn nur die sind bewaffnet und 3) in der Nähe der Tiere ganz leise sein und langsam bewegen. Wir taten wie geheißen und die Kolonie Walrösser belohnte uns. 15-20 der Tiere lagen ein paar Meter vor uns im Eis, einige schwammen oder spielten sogar etwas miteinander, viele ruhten sich aus.
Dahinter die schnee- und eisbedeckten Berge und Gletscher, überall kalte, klare Luft und bis auf die Walrössern und die Vögel war kein Laut zu hören.

Mir ging das Herz auf, als ich diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum sah, und wieder einmal traf mich die Schönheit unserer Erde mit voller Wucht. Ein wunderschöner Moment.

Auf dem Weg zurück (vom großen Schiff bringen uns immer ein paar Speedboote an Land) schwammen sogar ein paar Walrosse recht knapp neben unserem Boot mit!
Zurück am Schiff gab es wieder ein tolles Mittagsbuffet, an dem wir uns für den zweiten Landgang an diesem Tag stärkten. Am Nachmittag besuchten wir Sallyhamna.

Dort gibt es eine alte, verfallene Jadgdhütte aus den Zeiten des Walfangs (alles vor den 1950er ist auf Svalbard Kulturgut und darf nicht zerstört werden). Bei einem ca einstündigen Spaziergang kamen wir auch an einer alte Fuchsfalle vorbei. Diese wurden erschlagen, statt erschossen, damit das Fell markellos blieb und nicht durch ein Einschussloch zerstört wird. Außerdem fand Guide Karolina Eisbärenlosung, von der sie vermutete das ein ausgewachsener Eisbär ein Junges gefressen hat – es war noch Fell und die Klauen zu sehen.
Fast am Ende des Spaziergangs kamen wir noch zu einem der alten Walöfen. Wie schon im letzten Bericht geschrieben, hatte in Spitzbergen der Walfang lange Tradition. Zur Verarbeitung wurden die erlegten Wale an Land gebracht, zerlegt und in einem goßen Ofen das Öl aus dem Tran herausgelöst. Später konnte man die Verarbeitung direkt am Schiff machen. Das Brennmaterial kam aus Europa, denn Bäume gibt es auf der Insel nicht und der Kohleabbau kam erst später. (Übrigens wurde am liebsten der Grönlandwal gejagt – er schwimmt langsam und treibt auch getötet an der Wasseroberfläche.)

Ein Highlight kam zum Schluss unseres Landgangs: eine Badestelle. Ja richtig gelesen, es gab einen Fleck bei dem man ins ca 4°C kalte Wasser gehen konnte. Und ob ihr es glaubt oder nicht, einige aus unsere Gruppe trauten sich rein – Hut ab!! Und das vor einer atemberaubenden Kulisse der schneebedeckten, kargen, spitzen Bergen.

Nach der Rückkehr aufs Schiff fuhren wir in den Randfjorden, wo wir zum Essen liegen blieben. An dieser Stelle trieben schon viele Eisschollen im Meer. Auf einer – ganz nahe beim Schiff – lagen nochmals zwei Walrösser.

Nach dem Abendessen, ca. um 21:30 Uhr kam der Moment auf den viele gewartet hatten: wir überquerten den 80° nördlicher Breite! Ab da beginnt das Packeis und es gibt kein Vorankommen mehr, außer man sitzt in einem Eisbrecher. Für Schiffe wie unseres heißt es jedoch Zeit umzukehren, nicht aber ohne zuvor mit Sekt auf diesen speziellen Ort anzustoßen.

Lilliehöökbreen Gletscher, Lloyds Hotel und Ny-Alesund

Am nächsten Morgen wachten wir beim Lilliehöökgletscher auf. Nach dem Frühstück ging es in Kleingruppen mit den Speedbooten zur Gletscherwand, wobei wir einen Sicherheitsabstand von ca. 400m einhielten. Es war sehr imposant. Der Gletscher ragt dort 40-50 Meter aus dem Meer auf. Während der Fahrt hört man deutlich die ganzen kleinen Eisschollen, die an das Boot stoßen. Wir konnten sogar beobachten, wie ein kleines Stück des Gletschers ins Meer stürzte. Unvorstellbar, dass es hier in ein paar Jahrzehnten kein Eis mehr geben soll!

Nach dem Ausflug und einem Mittagsbuffet inklusive Hummer (!) ging es mit der Nordstjernen weiter: vorbei am Vogelfelsen – der mich etwas enttäuschte, bis ich merkte dass ich viel genauer schauen muss 🙂 – und weiter zu Lloyds Hotel. Wir waren alle etwas gespannt, was sich hinter diesem Namen verbarg. Als wir zur Landestelle kamen war ich mit ein paar Mitreisenden an Deck und wir dachten, glaube ich, dasselbe: Vor uns auf dem Landstrich stand eine sehr verfallene Hütte und ein knall-oranger Container. Keiner von uns war sich sicher, was von den beiden denn nun Lloyds Hotel war. Mit einem Lachen gingen wir an Bord der Speedboote und ein paar Minuten standen wir vor Lloyds Hotel. Es war der orange Container, jedoch sehr gemütlich für eine Übernachtung eingerichtet.

Unsere Guides erzählten uns, dass hier öfter Lagerfeuer gemacht werden (einer hält immer Eisbärenwache) und gegrillt wird. Hin und wieder übernachtet jemand hier. Wir durften uns dort frei bewegen, in einem Gebiet die die Guides vorgaben, indem sie mit Gewehren an den Rändern standen (wegen der Eisbären). So ähnlich stelle ich mir auch die Atmosphäre bei einem Hofgang im Gefängnis vor. Bei der Rückfahrt zum Schiff sahen wir noch eine Robbe recht nah am Ufer.

Ny-Alesund

Nach dem Abendessen kamen wir zu unserem letzten Stopp: Ny-Alesund.
Es ist der nördlichste bewohnte Ort der Welt, und es leben nur Forscher hier. Alle möglichen Länder haben ihre Institute hier, verwaltet wird es natürlich vom norwegischen Institut. Bei einer kurzen Stadtführung erfuhren wir unter anderem, dass hier die Polarexpeditionen gestartet haben.

Ny-Alesund hat sich von der besten Seite gezeigt: es schien die Sonne, wodurch das Moos in den verschiedensten Grüntönen leuchtete und das Meer blau schimmerte. Vom Ort blickt man auf eine Bucht, in die zwei Gletscherzungen enden. Wunderschön!

Nach der Stadtführung hatten wir noch gut zwei Stunden Zeit. Wir schlenderten zu den Hundezwingern, gingen natürlich Souvenirs kaufen (meine Jacken und T-Shirts werden immer mehr, zum Glück gibt’s oft auch Socken). Bei den Ansichtskarten und Briefmarken haben wir zugeschlagen, denn die Briefmarken haben das Eisbärenschild oben. Im nördlichsten Postamt haben wir uns dann noch selbst jeweils eine Ansichtskarte mit den 3 zur Verfügung stehenden Stempel geschickt. (Dort war auch der Hinweis, dass man davon absehen sollte, die Stempel in den Pass zu stempeln. Ich frage mich, wie oft das vorgekommen ist und ob eine Nation dabei an erster Stelle steht…)

Am Ende unseres Spaziergangs schauten wir in die Bar des Orts und staunten. Die Bar betritt man schon mal ohne Schuhe (fast alle Gebäude hier oben), innen ist es recht dunkel (die Vorhänge sind zu wegen der Mitternachtssonne), und die Einrichtung ist wie bei uns auf einer Alm mit viel Holz. Erstaunlich waren auch die Preise: 2,50 Euro für ein Glas Wein oder ein Seidl, für 1,50 gabs ein Hot Dog. Unsere Zeit in Ny-Alesund war um, und wir gingen wieder an Bord.

Kaum waren wir an Deck, sagte uns unser Guide Vera, dass in der Bucht ein Blauwal liegt. Er tat uns den Gefallen und zeigte sich noch ein paar Mal. Schon ergreifend, diesen Riesen so nahe zu kommen.

Nach einem letzten langen Abend an Deck in Thermoanzügen, schliefen wir noch einmal in unserer Mini-Kabine und landeten am nächsten Tag wieder in Longyearbyen. Nicht ohne noch zuvor eine sehr nette Abschiedszeremonie an Bord zu haben, bei der wir noch unsere 80° Nord Urkunden bekamen.

Um die Zeit bis zum Abendessen zu nutzen gingen wir in den Ort, wo es 4 super Outdoor-Geschäfte gibt. Und wenn ich wo einkaufen kann, dann dort. Zum Glück sind wir schon recht gut ausgerüstet, als wurde es nicht so teuer. Wobei eine Uhr am Karabiner habe ich mitgenommen.

Abendessen gabs im Coal Miners, und nach einer kurzen Nacht holte uns um 00:30 der Shuttle zum Flughafen ab. Aufstehen in der Nacht ist eindeutig leichter, wenn die Sonne scheint.

Spitzbergen war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Die Weite der Natur so zu erleben und zu spüren wie klein wir Menschen doch eigentlich sind, kann man selten. Dank unseren Guides haben wir viel erfahren und die karge Landschaft ist bei Weitem nicht langweilig, wie man sich eventuell vorstellen würde.

Ich freue mich, dass ich die Möglichkeit hatte, das zu erleben.

Der nächste Bericht kommt dann aus Schweden und wird wieder etwas kürzer.

5 Kommentare

  1. Martina

    Einfach toll! Bei mir trat beim Lesen der „will ich auch Reflex“ auf.

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  2. Petra

    ich durfte schon mal einem Vortrag über Norwegen (Schiffreise und Ausflüge) lauschen…dein Bericht ist eine tolle Ergänzung dazu, weil wieder ganz neue Eindrücke und Informationen dabei waren bzw. Infos wieder aufgefrischt wurden. -> Danke 🙂

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    • Nicole Ebner

      Hi Petra,
      lässig, dass du dazu schon mal einen Vortrag gesehen hast – gibt es sicher auch nicht so oft. Schön, dass ich noch ein paar Sachen beitragen konnte.
      Liebe Grüße!

      Antworten
  3. Claudia

    Vielen Dank für deinen Bericht – ich hatte dabei das Gefühl, als wäre ich wieder dort 🙂

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    • Nicole Ebner

      Freut mich sehr Claudia! Ist eine wirklich spezielle, aber faszinierende Gegend!

      Antworten

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